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Montag, Dezember 15, 2008

Santiago de Chile




Santiago de Chile

Mehr als 30% der gesamten 16 Mio. Bevölkerung Chiles leben unter der Dunstglocke Santiagos. Ringsherum sind Berge, die den Smog schön da behalten, wo er herkommt, gibt aber wunderbare
Sonnenuntergänge so´n Smog. Aber auch sonst erinnert die Stadt an US-amerikanische oder europäische Metropolen, mit sehr modernen U-Bahnen und nagelneuen Bussen. Der Grad der Privatisierung ist in Chile seit der Militär-Diktatur Pinochets unglaublich hoch (Wasser, Strom, Straßen, Bildung, Transport aller Art), wovon ein Teil der Menschen in Santiago unglaublich profitiert, denn dort lohnt sich das Geschäft für die Privaten und für den, der es sich leisten kann steht die Versorgung der Westlichen in fast nichts nach. Ehrlich, so eine Stadt wie Santiago habe ich sonst in Südamerika nicht erlebt. Man bekommt durch Santiago den Eindruck, Chile läge gleich westlich von Frankreich. Allerdings sollte ich in den darauffolgenden Wochen sehen, dass das eben fast ausschließlich auf Santiago zutrifft und obendrein nur auf Teile dieser Stadt. Zumal mir eine so klinische Modernität nicht gefällt. Außerdem sah ich Santiago (verzerrt) durch die Augen einer recht wohlhabenden Familie, den Crespos, die mich für 4 Tage wie ihren Sohn aufnahmen.

Na, wie hat Jawi das jetzt schon wieder angestellt? 4 Tage bei einer wildfremden Familie wie Söhnchen aufgenommen zu werden.
Die Antwort heißt „Couchsurfing.com“! Zum ersten Mal hatte ich diese NON-Profit-Austausch-Website für Reisende ausprobiert. Im Prinzip funktioniert das Ganze so, dass man sich anmeldet, seine persönlichen Details über einige Sicherheitsverfahren (Brief an die angegebene Adresse, Kreditkartendetails) verifizieren lassen kann und dann festlegt, ob man eine Unterkunft(Sofa) anbietet oder nicht. Wie weit man verifiziert und damit „sicher“ ist, ist für alle sichtbar. Nun ist man Mitglied und los geht’s mit der Sofa-Suche. Zum Beispiel in Santiago, wo es weit mehr als 100 Couchsurf.com Mitglieder gibt, die einen Schlafplatz anbieten. Deren Profil und Kommentare von vorherigen Gästen kann man dann durchlesen und unverbindliche Anfragen rausschicken. Insgesamt habe ich in Santiago 10 Leute angeschrieben, darunter Studenten, ein Ehepaar, ein Künstler und ein Journalist. Allesamt begeistert vom Reisen, von Sprachen und anderen Kulturen. Diese haben meine Nachricht ¨Deutscher auf Weltreise mit Frankfurter Würstchen im Hand-Gepäck sucht Unterkunft¨ gelesen und zwei Studenten haben tatsächlich positiv geantwortet.
Mit Christian Crespo (25 J.), der noch bei seinen Eltern in dem Bezirk Las Condes wohnt, habe ich dann Nummern ausgetauscht und einen Treffpunkt organisiert.
So bin ich also bei den Crespos untergekommen, alles im unentgeltlichen(!) Namen des kulturellen Austauschs. Wir haben zusammen gegessen, über unsere Länder geredet, ich habe Fotos aus Frankfurt gezeigt und Christian hat mich durch Santiago geführt. Allerdings war das Treffen an sich ein bisschen schwierig. Meine Schuld. Durch mein kleines Anden-Abenteuer, aus dem mich ja zum Glück die argentinischen Jugendlichen gerettet hatten, war ich erst viel später in Santiago angekommen und hatte Christian nicht zur vereinbarten Zeit kontaktiert. Nun gut, das holte ich also nach und vereinbarte mit Christian, ihn in der Bar Piojera zu treffen, wo er sich mittlerweile befand. 16 (!!) U-Bahnstationen und einige Rumfragerei später (das mit dem Spanischen klappt mittlerweile wirklich gut) trudelte ich also mit all meinem Hab und Gut in diese ziemlich proppen volle Bar ein. Schon passend, so ein Backpacker-Rucksack zwischen T-Shirts und Ausgeh-Kleidern, immerhin hatte ich genügend passende Accessoire-Plastiktüten um meinen Style abzurunden. Haha, aber schlussendlich war es eben diese verräterische Erscheinung, die die halbe Menschenmasse vor Ort in fröhlich grölende Willkommens-Grüße ausbrechen ließ und mir einen erleichterten Christian entgegen spuckte. Was dieser mir nämlich verschweigen hatte war, dass an diesem Abend in der Piojera großes Couch-Surf Treffen Santiago angesagt war! Alles also Reisebegeisterte, oder Mochilleros (esp. für Backpacker) aus Amerika, Frankreich, ja sogar Deutschland in Aktion!

Rucksack 150€, Plastiktüte 20 Cent, auf´ner Party damit den richtig style treffen: wahrlich unbezahlbar. Mittendrin und mit dabei mein Kumpel F. Würstchen. Die Couchsurfer konnten sich vor Lachen kaum halten.
Viele lustige Fotos anderer Kameras, meine hatte mal wieder den perfekten Moment abgewartet um mit leeren Batterien aufzuwarten, entstanden, während ich die lokale Spezialität Teremoto genoss. Der Name “Erdbeben” für dieses Getränk kommt nicht von ungefähr, nur hilft hier kein Seismologe (obwohl der in der Piojera bestimmt ordentlich ausgeschlagen wäre) oder Erdbebensichere Körperhaltung. Ein großes Stück Ananas eis mit Sahne (ver-)schwimmt in einem 1l Becher billigsten Weißweines. Der schmeckt dank Kühle und Zucker dann recht gut, rüttelt den Kopf ordentlich durch und am nächsten Morgen wacht man mit in seinem persönlichen Nachbeben auf.
Nur gut, dass wir auf dem Heimweg eine Reifenpanne hatten und ordentlich Schweiß und Flüche ablassen konnten, während wir besagten Unglücksreifen wechselten.

Ein Bild für die Götter: Zwei Betrunkene wechseln das erste Mal in ihrem Leben einen Autoreifen. Einen Autoreifen, an dem der Smog Santiagos seine liebevoll-anhängliche pechschwarze Note hinterlassen hat, und der diese überschwänglich mit seinen stümperhaften Werksmeistern teilt. Um sie herum nur die menschenverlassene Innenstadt Santiagos, die genug blitze-blanke, glänzende Oberflächen bietet um dieses Schauspiel gebührend zu reflektieren. Zum Glück war genug Zeit dies auch ausgiebig zu bewundern. Der Schraubenschlüssel war in unseren Ziel-Wasser angereicherten Händen so viel wert wie das Gewehr dem Armlosen, und die Schrauben am Reifen waren ungefähr so fest wie… keine Ahnung… übertreiben fest halt. Der dritte Mann im Bunde, der designierte Fahrer, begnügte sich damit begnügt zu sein und die Verantwortung zu tragen. Dennoch: Der Dreck an Hand, Hemd, Hose und Gesicht (wie kam er dort bitteschön hin?) glänzte golden in unseren Augen, als der Wagen schlussendlich wieder losfuhr. Woooo-HA, ich habe Feuer gemacht! Oder Autoreifen gewechselt… Same Thing.




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